Bisher wurden die Funktionsdefinitionen implizit anhand der ECLASS-Funktionen-Symbole (IEC 81346 - https://wiki.eclass.eu/wiki/CAx_Funktionssymbole) verwendet. Siehe Abschnitt 5.12.11.4.2, „Anschlüsse, IEC-Funktionensymbole“. Im vorliegenden Kapitel betrachten wir die notwendigen Schritte, um aufbauend auf bestehenden Daten analog zum genannten Kapitel mit einer vollständig benutzerdefinierten Funktionsdefinition zu erweitern. Dies geschieht ohne Änderung bestehender Daten.
Um die im genannten Kapitel eingeführte IEC-Symbolik noch einmal zu rekapitulieren, betrachten wir kurz den grundlegenden Aufbau der Klassifikation. Kernpunkt war die Einführung (realer/physikalischer) Anschlüsse CNS_CP|4|3 (Electrical Connection). Die grundlegende Funktionsstruktur wird durch das Attribut Connection EclassSymbolMap definiert und der entsprechende Anschluss wird in dieser Struktur eingeordnet. Die folgende Abbildung beschreibt die bisher vorliegende Situation anhand eines Beispiels mit 3 Funktionen, wobei die erste Funktion einen (logischen) Anschluss, die zweite zwei (logische) Anschlüsse und die dritte drei (logische) Anschlüsse aufweist. Um das Beispiel abstrakt zu halten, sei der Funktionsname durch SYMBOL1, SYMBOL2, SYMBOL3 gegeben. Die Anschlussnamen seien durch A,B,C,D,E.F gegeben.
Definition der geordneten Funktionsstruktur anhand eines Beispiels. Reale Anschlüsse werden in die Funktionsstruktur eingeordnet.
Der bisher betrachtete Fall betraf Funktionsnamen mit einer bestimmten "impliziten Bedeutung", nämlich, das durch den Namen gegebene IEC-Funktionensymbol. Häufig sind diese vordefinierten Funktionsdefinitionen nicht ausreichend bzw. man will die elektrische Funktionalität explizit angeben. In diesen Fällen wird die unter Abschnitt 5.12.11.4, „Klassifikation von elektrischen Anschlüssen (Electrical Connection [CNS_CP|4|3])“eingeführte Definition der Funktionsstruktur ohne Einschränkungen beibehalten.
Die Neuerung besteht in den Klassen CNSELEK|5|8|1 bis CNSELEK|5|8|7, welche die elektrische Funktion eines Knotens in der Funktionsstruktur explizit spezifizieren. In der Konsequenz kann genau so wie bisher klassifiziert werden; insbesondere fallen die Einschränkungen im Attribut Connection EclassSymbolMap auf IEC-Funktionensymbole komplett weg.
Im Kern wird für jeden Knoten in der Funktionsstruktur eine Instanz von CNSELEK|5|8|x angelegt (in obigem Beispiel also drei). Eine Instanz dieser Funktionsklassen beschreibt demnach eine Reihe realer Anschlüsse.
Alle diese Anschlüsse sollen nun durch eine Instanz der Funktionsklassen näher spezifiziert werden; dazu muss die entsprechende Funktionsklasseninstanz lediglich mit dem entsprechenden Knoten in der Funktionsstruktur verknüpft werden. Wir erreichen die Verknüpfung mit diesem Knoten durch den ersten Teil der Werte von Connection EclassSymbolMap. In obiger Abbildung ist dies durch den blauen Kasten verdeutlicht.
Das vorgestellte Schema erlaubt zusammen mit der unter Abschnitt 5.12.11.13, „Symboldarstellungen (Schaltzeichen) "Advanced" “beschriebenen Symboldarstellung vollständige Flexibilität in der maschinenlesbaren funktionellen/symbolischen Beschreibung eines elektrischen Teils in voller Analogie zu der Definition von ECLASS Advanced bzw. EPLAN.
Diese Klassen CNSELEK|5|8|x bilden die Funktionalität des ECLASS Advanced Blocks AAQ676 ab. Eine Ausnahme bilden Kabel, die wie oben beschrieben anders, aber äquivalent (und wechselseitig konvertierbar) modelliert werden.
CNSELEK|5|8|1 Main Funktion (Zentralfunktion): Es darf pro Artikel lediglich eine Instanz der Main Function geben. Ihre genaue Bedeutung ist sehr kontextabhängig. Bei PLCs[54] werden in der Regel die Pins für die Stromversorgung unter der Main Function zusammengefasst.
CNSELEK|5|8|2 Contact Function (Kontaktfunktion): Diese Funktionen fassen Pins, die zu Kontakten und Schutzbeschaltungen gehören d.h. NO-, NC-Wechslern und Umschaltern, etc.
CNSELEK|5|8|3 Terminal Function (Klemmenebene): Diese Funktionen fassen Pins zusammen, die zu einer Klemme(ebene) gehören. Hier lässt sich insbesondere das Potential der Klemmenebene festlegen/modifzieren, sofern dies in den ECLASS-Funktionen-Symbolen nicht bereits geschehen ist.
CNSELEK|5|8|4 Communication interface (Kommunikationsschnittstelle): Diese Funktionen fassen Pins zusammen, die insbesondere bei PLCs die Kommunikation mit anderen Parts ermöglichen, z.B. der LAN-Adapter bei einer speicherprogrammierten Steuerung. Hier lässt sich u.a. das Kommunikationsprotokoll sowie die Art der Schnittstelle festlegen (z.B. PROFINET, TCP/IP,...)
CNSELEK|5|8|5 Input/Output (Input/Output-Funktion): Diese Klasse repräsentiert fast immer die "PLC-Pins". Hier wird z.B. festgelegt, ob die entsprechenden Pins ein analoger Input/Output, digitaler Input/Output sind, die Art der Messung sowie das Signalverhalten, etc.
CNSELEK|5|8|6 Electromechanical Drive Function (elektromechanischer Antrieb): Diese Klasse fasst Pins zusammen, die zu elektromechanischen Aktuatoren gehören. Ein gutes Beispiel sind Spulen, die bei Relais die Umschalter antreiben, etc.
CNSELEK|5|8|7 Signal converter Function (Signalanpasser): Diese Klassen beschreiben alle Pins, die z.B. zu Transformatoren, Gleichrichtern und sonstigen Signalanpassern gehören.
Innerhalb dieser 7 Klassen gibt es Merkmale, welche die spezifische Funktion weiter spezifizieren.
Alle diese Klassen haben 6 Merkmale gemeinsam:
Im Fall der Terminal Funktion (CNSELEK|5|8|3 Terminal Function) wird beispielsweise das Potential aller zugehörigen Anschlüsse über das Attribut Terminal potential festgelegt. Ein wichtiger Punkt ist, dass jede dieser Funktionsklasseninstanzen für eine ganze Reihe von Anschlüssen (CNS_CP|4|3) zuständig ist. Dieses Mapping zwischen der Funktion und den Anschlüssen wird im Folgenden exemplarisch beschrieben.
Die Kopplung zwischen der Funktion und allen zugehörigen Pins wird über das notwendig befüllte Attribut Symbol/Function Number erreicht. Die Arbeitsweise dieses Attributs wird anhand des folgenden Beispiels erläutert. Wir betrachten dazu ein Modell mit drei Funktionen, einmal mit 1 Pin, einmal mit 2 Pins und einmal mit 3 Pins.
Wert des Attributs in Connection EclassSymbolMap (CNS_CP|4|3) |
SYMBOL1||1||1 |
SYMBOL2||2||1 |
SYMBOL2||2||2 |
SYMBOL3||3||1 |
SYMBOL3||3||2 |
SYMBOL3||3||3 |
In diesem Fall müssen 3 Funktionsklassen von CNSELEK|5|8|x instanziiert werden. (Die folgenden Abbildungen zeigen CNSELEK|5|8|3.)
Attribut | Klasseninstanz | Wert |
Symbol/Function Number | 1 | SYMBOL1||1 |
Function Name | 1 | SYMBOL1 |
Symbol/Function Number | 2 | SYMBOL2||2 |
Function Name | 2 | SYMBOL2 |
Symbol/Function Number | 3 | SYMBOL3||3 |
Function Name | 3 | SYMBOL3 |
Mit diesem Szenario haben wir eine Reihe von Pins mit einer Funktionsdefinition angereichert. Dies erlaubt z.B. die kundenspezifische Anpassung der vordefinierten IEC-Funkionen-Symbole mit eigenen Daten. Der Funktionsname in Connection EclassSymbolMap muss nicht mit dem Attribut Function Name übereinstimmen; Function Name "überschreibt" den Funktionsnamen in den meisten Zielsystemen. Im Regelfall sollten sie jedoch gleich bleiben.
Der zentrale Punkt dieser Konstruktion ist die "Kopplung" einer Gruppe von Pins (die zu einer Funktion gehören) mit einer neu instanziierten Funktionsklasse. Die Attribute in dieser Funktionsklasse wirken sich auf alle Pins, die zu einer Funktion gehören, aus.
Verknüpfung zwischen elektrischem Anschluss in 3D (CNS_CP|4|3) via Attribut "Connection EclassSymbolMap" mit dem entsprechenden Symbol-Pin; SYMBOL3||3||3 entspricht zum Beispiel dem 3. Pin der 3. Funktion des Modells, die durch den Identifier SYMBOL3 gegeben ist. Dies repräsentiert die bisherige Situation.
Die bisherige Verwendung von Funktionen und Symbolen ist im obigen Bild dargestellt. Modelle, die auf diese Art modelliert sind, können ohne Einschränkung auf diese Art verwendet werden. Der entscheidende Punkt ist, dass durch Instanziierung der Funktionenklassen CNSELEK|5|8|1 bis CNSELEK|5|8|7 die Eigenschaften der vordefinierten IEC-Funktionen-Symbole modifiziert bzw. explizit spezifiziert werden können.
Wir betrachten den Anwendungsfall, dass wir für eine Komponente bzw. für eine Komponentenfunktion das Potential explizit beeinflussen wollen. Dies ist im folgenden Bild dargestellt. Neben den Attributwerten, welche die Kurz- und Langbeschreibung der Funktion setzen, wird elektrisch gesehen das Potential der Klemme über das Attribut Terminal potential explizit auf den Neutralleiter (neutral conductor) gesetzt. Die Kopplung mit der oben angegebenen Situation wird über das Attribut Symbol/Function Number mit Wert SYMBOL1||1 gesetzt.
Explizit instanziierte Funktionsklasse analog zum vorherigen Bild. Die Kopplung zu allen Anschlüssen einer Funktion erfolgt über das Attribut Symbol/Function Number mit Wert SYMBOLx||x. Dementsprechend wird durch das Attribut "Terminal potential" das Potential aller Pins (in diesem Fall nur einer) dieser Funktion auf den Neutralleiter (neutral conductor) gesetzt.
Der Kernaspekt dieser beispielartigen Konstruktion ist, das ursprünglich unter Connection EclassSymbolMap eingeführte Element der Funktionsstruktur durch das explizit unter CNSELEK|5|8|3 bestimmte zu modifizieren. Ein anderer wichtiger Anwendungsfall ist, dass diese Konstruktion die vollständige Neudefinition eigener Funktionen ermöglicht, die evtl. noch nicht vom IEC-Standard beschrieben sind. Daneben ermöglichen diese Klassen die explizite Zuweisung eines benutzerdefinierten Symbols mittels des Attributs Symbol Reference (vgl. unten).
Die oben beschriebenen Klassen erlauben die Trennung zwischen Funktion und Symbol in Analogie zu Systemen wie ECLASS Advanced und EPLAN. Wir betrachten ein Modell, das wie oben beschrieben korrekt klassifiziert wurde. D.h., Connection EclassSymbolMap ist in den Anschlüssen korrekt gesetzt. Zudem sind diese Anschlüsse durch entsprechende "Funktionsklasseninstanzen" erweitert.
In diesem Anwendungsfall wird es sehr einfach, dieser Funktion ein spezifisches Symbol zuzuweisen (inklusive Metadaten, d.h. die Symbolgrafik als DXF, 2D-Pin-Koordinaten innerhalb des DXF, sowie weitere Eigenschaften). Zudem besteht bereits ein spezifischer Symbolkatalog innerhalb des Hauptkatalogpfades.
Typische Situation eines Katalogs, der durch einen Symbolkatalog angereichert wurde. Der Symbolkatalog ist ein Katalog mit einer spezifischen Form. Die einzelnen Projektdateien (NOCAD) enthalten lediglich Klassifikationsinformation sowie "Zusätzliche Exportformate [Additional export formats]" im DXF-Format. Auf diese Weise erhält man "Building Blocks" für Symbole, die von den Projekten des Hauptkatalogs beliebig und auch widerholt referenziert werden können.
Das Attribut Symbol Reference ermöglicht die Einbindung einer Symboldarstellung in das Hauptteil bzw. in eine spezifische Funktion des Hauptteils.
Dazu müssen folgende Schritte durchgeführt werden:
Das Symbolprojekt aus dem Symbolkatalog wird mittels der Crosslinks in das Hauptteil eingebunden.
Das Symbol aus der Symbolbibliothek wird durch eine (kompatible) Funktion des Hauptteils referenziert. Dies geschieht durch das Attribut Symbol Reference. Kompatibel bedeutet hier, dass die Anzahl der Pins von Symbol und Funktion übereinstimmen.
Wichtig bei dieser Konstruktion ist, dass sowohl Funktion als auch Symbol eine "interne Struktur" enthalten. Das Mapping von einer Funktion mit beispielsweise 3 Anschlüssen auf eine mit 2 Anschlüssen wird zu einem Fehler führen.
[54] Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS, englisch: programmable logic controller, PLC) ist ein Gerät, das zur Steuerung oder Regelung einer Maschine oder Anlage eingesetzt und auf digitaler Basis programmiert wird. Sie löst die „festverdrahtete“ verbindungsprogrammierte Steuerung in den meisten Bereichen ab.