5.12.9.12. ECAD-Baugruppen - Schaltschränke

Baugruppen (Assemblies) weisen einige Besonderheiten gegenüber "normalen" MCAD/CNS-Baugruppen auf. Dies betrifft insbesondere die fundamentale Eigenschaft der Bill of material.

Die folgenden Abbildungen zeigen einen Vergleich ein und desselben Schaltschranks in PSOL gegenüber EPLAN und dienen zur Verdeutlichung des Unterschieds dieser beiden Engineering-Ansätze (MCAD <-> ECAD).

In EPLAN fällt auf, dass es weitaus weniger Komponenten gibt. Während bei MCAD die mechanisch-geometrischen Eigenschaften im Vordergrund stehen, wäre bei Verwendung in einem ECAD-System diese Fülle an Komponenten im Grunde prohibitiv für eine sinnvolle Engineering-Anwendung. Es ergeben sich zwei wesentliche Herausforderungen bei der Modellierung:

  1. Verminderung der Fülle an Komponenten ohne dass die Geometrie verändert wird

  2. Klassifikation auf verschiedenen Ebenen (siehe Mounting-Points in der EPLAN-Abb.)

Typischer Schaltschrank inklusive BOM in der CADENAS-Ansicht. Beachte die große Anzahl an Komponenten, die vom MCAD-Fokus herrühren, wo besonderer Fokus auf die Geometrie gelegt ist.

Typischer Schaltschrank inklusive BOM in der CADENAS-Ansicht. Beachte die große Anzahl an Komponenten, die vom MCAD-Fokus herrühren, wo besonderer Fokus auf die Geometrie gelegt ist.

Derselbe Schaltschrank von oben in einem typischen ECAD-System (hier EPLAN). Man beachte die geringere Anzahl an Komponenten in der BOM, die sich aus den funktionellen ECAD-Erfordernissen ergeben.

Derselbe Schaltschrank von oben in einem typischen ECAD-System (hier EPLAN). Man beachte die geringere Anzahl an Komponenten in der BOM, die sich aus den funktionellen ECAD-Erfordernissen ergeben.

In der folgenden Darstellung einer Komponente des Schaltschranks werden die unterschiedlichen Anforderungen und Besonderheiten typischer ECAD-Systeme deutlich gemacht. Die zugehörige Komponente wurde aus einer Vielzahl einzelner CADENAS-Parts beim Export dynamisch erzeugt und muss als "virtuelles" Zubhör/Part aufgefasst werden. Dies dient zur Veranschaulichung der unterschiedlichen Ansätze von MCAD gegenüber ECAD. In der Summe werden in beiden Systemen die gleichen Geometrien / Volumenkörper beschrieben, wobei ein komplett anderer Engineering-Ansatz verfolgt wird.

Die Abbildung verdeutlicht die Wirkung des ersten Punktes in obiger Auflistung, in dem die Fülle an Komponenten stark reduziert wird. Die gezeigte Geometrie umfasst mehr als 40 Komponenten aus dem CADENAS-Projekt.

Die Abbildung verdeutlicht die Wirkung des ersten Punktes in obiger Auflistung, in dem die Fülle an Komponenten stark reduziert wird. Die gezeigte Geometrie umfasst mehr als 40 Komponenten aus dem CADENAS-Projekt.

Die oben dargestellte Situation führt zu einer ganzen Reihe von Schwierigkeiten und eventuellen Inkonsistenzen. Dies ergibt ganz besondere Anforderungen an das Klassifikationssystem und die Befüllung mit entsprechenden Daten, die im Idealfall bereits bei der geometrischen Modellierung berücksichtigt werden.

Von Seiten der Standardisierung gibt es in ECLASS-Advanced mit dem Aspekt "Zusammensetzung der Komponenten / Composition of components" (AGZ169) bereits ein ausgearbeitetes System, das als Basis für unser Klassifikationssystem dient. Diese (auf der Baugruppe "lebende") Klassifikation listet alle Komponenten / Instanzen der Baugruppe auf und beschreibt die Teilebeziehungen, d.h. die Teilebeziehungen zwischen geeigneten Paaren und Komponenten, die über Source- und Target-Mates miteinander im dreidimensionalen Raum zusammengesetzt sind. In der Regel werden Source- und Target-Mates durch Befestigungsvarianten / Mounting Descriptions, sowie Komponentenaufnahmen / Montagepunkte beschrieben. Jede Komponente der Baugruppe instanziiert einen Block "Komponente".

Mit dieser Struktur werden im Grunde alle unsere oben aufgeführten Anforderungen erfüllt. Für den Zusammenbau einer Baugruppe gibt es im CNS-System bereits vordefinierte Mates, so dass wir uns allein auf die Beschreibung der einzelnen Komponenten (ohne 3D) beschränken können. Auch das im obigen Bild beispielhaft dargestellte Erstellen "künstlicher" / zusammengesetzter Komponenten lässt sich sehr einfach mit der folgenden Klassifikation bewerkstelligen.

Das Datenmodell in ECLASS-Advanced zur Beschreibung des Aufbaus einer Baugruppe aus einzelnen (aber vollständigen) Artikeln

Das Datenmodell in ECLASS-Advanced zur Beschreibung des Aufbaus einer Baugruppe aus einzelnen (aber vollständigen) Artikeln

Grundsätzliche CNS-Klassifikation zur Modellierung des Assembly-Aufbaus aus Einzelteilen

Grundsätzliche CNS-Klassifikation zur Modellierung des Assembly-Aufbaus aus Einzelteilen

Das Attribut Component Group erlaubt, die MCAD-Baugruppenstruktur in einzelne Gruppen gemäß ECAD zusammenzufassen.

Das Attribut Component Function 3D weist den entsprechenden Gruppen gewisse mechanische Funktionalitäten wie z.B. Tür, Schloss, etc. zu. Zum aktuellen Zeitpunkt können nur wenige ECAD-Systeme wie insbesondere EPLAN diese Information verarbeiten. Dieses Attribut ist enummeriert, die erlaubten Werte sind gegeben durch folgende Werte:

Door
Door left
Door right
...
...
Panel general
Side panel left
Side panel right

Auf diese Weise wird die mechanische Funktionalität der einzelnen Komponenten ("Komponentengruppen") im Schaltschrankkontext genauer spezifiziert.

In einer MCAD-Baugruppe bekommt jede Komponente eine Instanz der Klasse CNSELEK|9|2 (Cabinet Klassifikation). Die verarbeitenden Codes (Interfaces, Translators) führen alle Komponenten mit dem gleichen Wert des Attributs Component-Group in künstliche, vereinigte Geometrien zusammen (siehe Abb. oben). Wir betonen, dass dieser Prozess nur mit speziellen, sehr einfachen Komponenten möglich ist, die in gewisser Weise als Füllmasse fungieren.

Syntax zur Befüllung von Component-Group:

Identifizierender String + @ + optionaler numerischer Wert wie z.B. "Zubehör@3".

Auf diese Weise kann 1. die Fülle an Komponenten im CNS-System stark reduziert werden, zudem wird 2. direkter Einfluss auf die Sortierung der entstehenden künstlichen Komponenten im ECAD-System ermöglicht. So wurden alle Komponenten mit der Component-Group "Enclosure accessories general@1" gekennzeichnet (siehe Abb. oben), so dass sichergestellt wurde, dass die kombinierte Komponente (siehe Abb. oben) an erster Stelle in der EPLAN BOM-Liste erscheint.

In der Regel wird bei kombinierten Teilen lediglich die Geometrie zusammengefasst; die einzelnen Komponenten enthalten dann z.B. keine CP-Klassifikationen oder Informationen wie z.B. CNSORDERNO. Beachte: Sobald zwei dieser Komponenten vereint werden, die jeweils eine Artikelnummer definiert haben, ergibt sich ein Konflikt in der Art, dass das vereinigte Part keine wohldefinierte Artikelnummer mehr haben kann. In dieser Weise kann der beschriebene Prozess nur unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt werden:

  • Das "führende Part" liefert Informationen wie z.B. CNSORDERNO, die für das gesamte kombinierte Part gültig werden.

  • Die Zusatzteile werden in einer Weise modelliert, dass sie ausschließlich "kompatible" Klassifikationen enthalten; dies sind insbesondere Montagepunkte, Bohrmuster, Befestigungsvarianten/Mounting Descriptions, Sperrräume etc. Problematisch sind elektrische Anschlüsse und insbesondere jegliche Informationen aus der ERPBASE und Informationen wie z.B. unterschiedliche eClass-Nummern.

Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich ein Schema der rein geometrischen Zusammenfassung, das bei entsprechender Modellierung ein Mapping der CNS-Assembly-Struktur auf den Engineering-Ansatz von ECAD ermöglicht.

Einzelne Instanz der "Cabinet"-Klassifikation für eine einzelne Komponente

Einzelne Instanz der "Cabinet"-Klassifikation für eine einzelne Komponente

Die Funktionsweise der "Cabinet"-Klassifikation für eine einzelne Komponente ist im obigen Bild beispielhaft dargestellt. Im Falle echter Komponentengruppen sind identische Klassifikationsinformationen auf den zugehörigen Parts zuzuordnen. Da das Attribut CNS_COMPONENT_GROUP mit dem Laufindex "@1" versehen ist, erscheint es z.B. in EPLAN an erster Stelle im Komponentenbaum.